Gemüseintoleranz


synonym: Gemüseunverträglichkeit, Oligosaccharidintoleranz, Oligosaccharidunverträglichkeit
SymptomeEine Gemüseintoleranz äussert sich in den folgenden Beschwerden:
- Blähungen, Abgang von Darmgasen
- Durchfall, einmalig oder wiederholt
- Bauchschmerzen
Die Beschwerden beginnen in der Regel innert Stunden nach dem Verzehr der auslösenden Lebensmittel und halten einige Stunden an. Sie beeinflussen sich gegenseitig, so verursachen die Blähungen und die Distension Schmerzen und Durchfall.
UrsachenDie Ursache der Beschwerden ist der Verzehr von Gemüse und anderen Lebensmitteln, welche unverdauliche oder schwer verdauliche Kohlenhydrate und insbesondere Oligosaccharide und Polysaccharide enthalten. Diese gelangen in den Darm, wo sie vom Mikrobiom fermentiert werden. Dabei werden Gase wie Wasserstoff und Methan gebildet, Wasser wird vermehrt zurückgehalten und durch verstärkte Darmbewegungen wird die Transitzeit verkürzt. Neben den Gasen werden auch kurzkettige Fettsäuren (SCFA) verantwortlich gemacht, welche aus den Kohlenhydraten bei der Fermentation entstehen.
Bei den auslösenden Kohlenhydraten handelt es sich zum Beispiel um Galactooligosaccharide (Abkürzung GOS) wie die Raffinose, die Stachyose und die Verbascose. Sie enthalten Galactose-Einheiten. Zwei weitere Gruppen sind die Fruktane (Fructose-Polymere) und Fructooligosaccharide. Auch Monosaccharide wie die Fructose können beteiligt sein.
Struktur der Raffinose, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Malabsorbierte Kohlenhydrate sind ferner osmotisch aktiv und können so Wasser in das Darmlumen hineinziehen.
Im Folgenden sind kritische Lebensmittel aufgelistet. Die Verträglichkeit ist individuell unterschiedlich:
- Alle Kohlarten, z.B. Weisskohl, Blumenkohl, Rosenkohl, Brokkoli, Rotkraut, Kohlrabi, Sauerkraut
- Randen (rote Beete)
- Lauch
- Zwiebeln
- Knoblauch
- Bohnen
- Sojabohnen
- Erbsen
- Linsen
- Fenchel
- Gurken
- Karotten
- Salate
- Erdnüsse
Auch gekochter und im Ofen erhitzter Rahm (Sahne) wird oft nicht vertragen, siehe im Artikel Rahmintoleranz.
Auch Arzneimittel sind mögliche Auslöser, z.B. die Acarbose. Schliesslich kommen Oligosaccharide auch im Kaffee und in der Milch vor.
FODMAP Übersicht, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Die tiefere Ursache für die Gemüseunverträglichkeit ist uns nicht im Detail bekannt. Zugrunde liegt möglicherweise eine eingeschränkte Enzym- und Transporteraktivität, individuelle Faktoren und eine Veränderung des Darmmikrobioms (siehe auch unter SIBO). Eine Dysbiose kann von einer ungesunden Ernährung ausgelöst werden. Eine erbliche Komponente ist wahrscheinlich und das Alter ist ein Risikofaktor. Die Betroffenen können gleichzeitig auch gegen andere Substanzen Unverträglichkeiten zeigen. Die Gemüseintoleranz kann mit einem Reizdarm identisch sein.
Übersicht über häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
PDF-Download: Lebensmittelintoleranz.pdf
Die Diagnose kann anhand der Patientengeschichte, mit persönlichen Beobachtungen, mit einem Ernährungstagebuch, einem H2-Atemtest und mit Provokationstests gestellt werden. Dabei soll festgestellt werden, ob weitere Unverträglichkeiten bestehen resp. die Gemüseintoleranz muss von ihnen abgegrenzt werden.
Nutzen Sie zur Abklärung unser Online Tool Abklärung Lebensmittelintoleranz
Durch das Meiden der auslösenden Lebensmittel kann das Auftreten der Beschwerden verhindert oder reduziert werden. Eine Alternative ist der Verzehr geringer Mengen. Bereits diese können bei empfindlichen Menschen aber Störungen verursachen.
Allgemein soll eine gesunde Ernährung gepflegt werden, weil sie einen positiven Einfluss auf die Darmbakterien und das Mikrobiom hat.
Coffein (z.B. Kaffee, Schwarztee, Energy Drinks, Coffeintabletten) regt die Darmbewegungen an und beschleunigt die Verdauung und soll vermieden werden. Tipps zum Aufhören finden Sie im Artikel Coffeinentzug.
Medikamentöse BehandlungBlähungen, Durchfall und Bauchschmerzen können symptomatisch gelindert werden, zum Beispiel mit Simeticon, Aktivkohle, Loperamid, Scopolaminbutylbromid und weiteren. Die Wirkstoffe und Therapiemöglichkeiten sind unter den entsprechenden Artikeln im Detail dargestellt. Auch eine vorbeugende Anwendung ist möglich, zum Beispiel von Loperamid. Loperamid und Scopolaminbutylbromid hemmen beide die übermässigen Darmbewegungen.
Verschiedene Tees sind für die Vorbeugung und Akutbehandlung der genannten Beschwerden gut geeignet.
Ballaststoffe wie indische Flohsamenschalen eignen sich ebenfalls sehr gut für die Behandlung. Sie werden auch bei einem Reizdarm eingesetzt. Sie binden sehr viel Wasser, quellen und bilden ein Gel. Gleichzeitig sind sie als Präbiotika aktiv. Wir empfehlen sie als Mittel der ersten Wahl.
Mit Enzymen können die Beschwerden gelindert werden, denn sie bauen die kritischen Stoffe ab oder isomerisieren sie, ermöglichen die Aufnahme der entsprechenden Monosaccharide im Dünndarm und verhindern die Gasbildung.
- Pankreatin (Kohlenhydrate, Fette, Proteine)
- Alpha-Galactosidase
- Cellulasen, Hemi-Cellulasen (Xylanasen)
- Invertase (Saccharase)
- Xylose-Isomerase (auch in der Schweiz)
Bitterstoffe sind gesund und fördern die Verdauung.
Probiotika können sich durch die Beeinflussung der Bakterienflora im Darm positiv auf die Beschwerden auswirken. Allerdings können sie aus unserer Sicht aus zur Gasbildung beitragen.
siehe auchLebensmittelintoleranz, FODMAP, Blähungen, Durchfall, Bauchschmerzen, Gemüse, SIBO, Stuhl
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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- Fedewa A., Rao S.S. Dietary fructose intolerance, fructan intolerance and FODMAPs. Curr Gastroenterol Rep, 2014, 16(1), 370 Pubmed
- Ganiats T.G., et al. Does Beano prevent gas? A double-blind crossover study of oral alpha-galactosidase to treat dietary oligosaccharide intolerance. J Fam Pract, 1994, 39(5), 441-5 Pubmed
- Lenders M. et al. Effects of Orally Delivered Alpha-Galactosidase A on Gastrointestinal Symptoms in Patients With Fabry Disease. Gastroenterology, 2020, 159(4), 1602-1604 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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