Rivaroxaban Arzneimittelgruppe Antithrombotika DOAK Faktor-Xa-InhibitorenRivaroxaban ist ein antithrombotischer Wirkstoff aus der Gruppe der direkten Faktor-Xa-Inhibitoren. Er hemmt selektiv den Faktor Xa, eine Serinprotease, die Prothrombin in Thrombin überführt und in der Blutgerinnungskaskade eine zentrale Rolle spielt. Rivaroxaban wird hauptsächlich zur Vorbeugung und Behandlung thromboembolischer Erkrankungen eingesetzt, zum Beispiel nach dem Einsatz von Hüft- oder Kniegelenkprothesen. Im Unterschied zu den Heparinen kann es ein- bis zweimal täglich als Tablette eingenommen werden und es hat im Vergleich mit Phenprocoumon eine vorteilhafte Pharmakokinetik. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Blutungen. Rivaroxaban ist ein Substrat von CYP-Isoenzymen und es sind entsprechende Arzneimittel-Wechselwirkungen möglich. Ein spezifisches Antidot steht zur Verfügung.
synonym: Rivaroxabanum, BAY 59-7939
ProdukteRivaroxaban ist in Form von Filmtabletten im Handel (Xarelto®, Xarelto® vascular, Generika). Es wurde im Jahr 2008 als erster Wirkstoff aus der Gruppe der direkten Faktor-Xa-Inhibitoren zugelassen. Die tiefdosierten Xarelto® vascular mit 2.5 mg wurden in der Schweiz im Jahr 2019 registriert. Im Jahr 2021 wurde ein Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen zugelassen (Xarelto® junior mit 1 mg Wirkstoff). Generika der Tabletten sind seit dem Jahr 2024 verfügbar.
Struktur und EigenschaftenRivaroxaban (C19H18ClN3O5S, Mr = 435.9 g/mol) ist ein reines S-Enantiomer und liegt als geruchloses, nicht hygroskopisches, weisses bis gelbliches Pulver vor, das in Wasser praktisch unlöslich ist. Es ist handelt sich um ein Oxazolidinon-Derivat, das mit dem Antibiotikum Linezolid eng verwandt ist. Rivaroxaban enthält einen Chlorthiophen- und einen Morpholinonring.
WirkungenRivaroxaban (ATC B01AF01 ) hat antithrombotische Eigenschaften. Die Effekte beruhen auf der direkten, reversiblen und selektiven Hemmung von Faktor Xa (daher der Markenname Xarelto®). Dieser Blutgerinnungsfaktor spielt in der Blutgerinnungskaskade eine wichtige Rolle. Es handelt sich um eine Serinprotease, die sowohl beim intrinsischen wie auch beim extrinsischen Weg aus Faktor X gebildet wird und die Bildung von Thrombin aus Prothrombin katalysiert. Thrombin überführt Fibrinogen zu Fibrin und fördert so die Entstehung des Fibrinpfropfs.
Im Unterschied zu den Heparinen muss Rivaroxaban nicht unter die Haut gespritzt werden, sondern kann als Tablette eingenommen werden. Es hat im Unterschied zu Phenprocoumon eine vorhersagbare Pharmakokinetik, einen schnellen Wirkungseintritt und eine mittellange Halbwertszeit zwischen 5 bis 13 Stunden.
Indikationen- Zur Thromboseprophylaxe bei grösseren orthopädischen Eingriffen an den unteren Extremitäten. Zum Beispiel bei Hüft- und Kniegelenkprothesen, etwa nach einer Arthroseoperation.
- Zur Behandlung einer tiefen Venenthrombose.
- Zur Behandlung einer Lungenembolie.
- Zur Vorbeugung von wiederkehrenden tiefen Venenthrombosen oder Lungenembolien.
- Zur Vorbeugung eines Schlaganfalls und zur Vorbeugung systemischer Embolien bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern.
Tiefdosierte Tabletten (Xarelto® vascular):
- In Kombination mit Acetylsalicylsäure zur Vorbeugung schwerwiegender atherothrombotischer Ereignisse (Schlaganfall, Myokardinfarkt, kardiovaskulär bedingter Tod) bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder manifester peripherer arterieller Gefässerkrankung und einem hohen Risiko für ischämische Ereignisse.
Gemäss der Fachinformation. Die Tabletten zu 2.5 mg und 10 mg werden unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Die Tabletten 15 mg und 20 mg werden hingegen mit dem Essen verabreicht, weil dadurch die Bioverfügbarkeit erhöht wird. Die Tabletten werden abhängig von der Indikation ein- oder zweimal täglich eingenommen.
KontraindikationenDie vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenRivaroxaban wird von CYP3A4, CYP2J2 und CYP-unabhängigen Mechanismen metabolisiert und ist ein Substrat von P-Glykoprotein und BCRP. CYP-Hemmer können das Blutungsrisiko erhöhen und CYP-Induktoren können den Effekt reduzieren. Die Kombination mit anderen Antithrombotika / Gerinnungshemmern erhöht ebenfalls das Blutungsrisiko.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Blutungen an verschiedenen Organen. Die folgenden Nebenwirkungen treten ebenfalls häufig auf:
- Fieber, periphere Wassereinlagerungen, Schwäche, Müdigkeit
- Magen-Darm-Beschwerden wie beispielsweise Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen, Verstopfung
- Hautausschlag, Juckreiz
- Schmerzen in den Extremitäten
- Schwindel, Kopfschmerzen
- Blutarmut
- Erhöhung der Transaminasen
Die Blutungen können selten einen tödlichen Ausgang nehmen.
AntidotAls Antidot steht Andexanet alfa zur Verfügung. Es handelt sich um einen inaktiven Faktor Xa, der Rivaroxaban bindet und die gerinnungshemmenden Effekte aufhebt.
siehe auchAndexanet alfa, Phenprocoumon, Heparine, Faktor-Xa-Inhibitoren, Tiefe Venenthrombose, DOAK, Blutungen
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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