Paraffine KohlenwasserstoffeAls Paraffine werden in der Pharmazie flüssige oder feste, hochgereinigte und gesättigte Kohlenwasserstoffe bezeichnet, die aus Erdöl gewonnen werden. Paraffine sind in zahlreichen Arzneimitteln und Kosmetika enthalten und werden in erster Linie für die Hautpflege und für die Vorbeugung und Behandlung von Hauterkrankungen aufgetragen. Perorale Zubereitungen mit dickflüssigem Paraffin sind für die Behandlung einer Verstopfung und für die Aufweichung des Stuhls zugelassen. Paraffine haben zwar einen schlechten Ruf und sind nicht nachhaltig, scheinen aber bei einer äusserlichen Verabreichung gut verträglich und nicht gesundheitsschädlich zu sein. Als Abführmittel sollen sie falls notwendig nur kurzfristig eingenommen werden.
synonym: Paraffin, Paraffinum, Weissöl, Paraffin Oil, Paraffinöl, Liquid paraffin
ProdukteReine Paraffine sind in Arzneibuchqualität in Apotheken und Drogerien verfügbar. Sie sind unter anderem auch in Cremen, Salben, Pasten, Körperlotionen, Bädern, Augentropfen, Kosmetika, Gazen und Emulsionen zur Einnahme enthalten. Paraffine werden auch als Mineralöle (Mineral Oils) bezeichnet und seit dem 19. Jahrhundert medizinisch verwendet.
Struktur und EigenschaftenIm Arzneibuch sind zwei flüssige Paraffine monographiert, die sich in ihrer Viskosität unterscheiden. Das dickflüssige ist in der Praxis geläufiger:
Es sind gereinigte Gemische flüssiger, gesättigter Kohlenwasserstoffe, die aus Erdöl gewonnen werden. Sie liegen als farblose, klare und ölige Flüssigkeiten ohne Geruch und Geschmack vor und sind in Wasser praktisch unlöslich.
Sie bestehen nur aus zwei chemischen Elementen, nämlich aus Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H). Gesättigt bedeutet, dass die Moleküle keine Doppelbindungen enthalten.
Hartparaffin ist ein gereinigtes Gemisch fester, gesättigter Kohlenwasserstoffe. Es liegt als farblose oder weisse Masse vor. Die Schmelztemperatur liegt bei 50 bis 61 °C.
Paraffine sind fossile Naturprodukte. Erdöl ist im Verlauf von Jahrmillionen aus in Meeren abgelagerter Biomasse wie Algen und Plankton unter dem Ausschluss von Sauerstoff hervorgegangen. Allerdings ist Erdöl nicht nachhaltig und bezüglich der CO2-Freisetzung äusserst bedenklich.
WirkungenParaffin hat hautpflegende, schützende, regenerierende, okklusive und hydratisierende Eigenschaften. Peroral verabreicht wirkt es abführend. Es macht den Stuhl weicher und gleitfähiger und erleichtert so die Darmpassage. Die Wirkung tritt nach zirka 6 bis 12 Stunden ein.
AnwendungsgebieteMedizinische und pharmazeutische Anwendungsgebiete:
- Paraffine sind in zahlreichen Körperpflegeprodukten und Kosmetika enthalten und werden für die Hautpflege sowie für die Vorbeugung und Behandlung von Hauterkrankungen und trockener Haut verwendet.
- Als Vehikel für die äusserliche Verabreichung pharmazeutischer Wirkstoffe, als Salbengrundlage.
- Paraffingazen für die Wundbehandlung.
- Peroral sind Zubereitungen mit dickflüssigem Paraffin für die kurzfristige Behandlung einer Verstopfung und für die Aufweichung des Stuhls, zum Beispiel bei Hämorrhoiden, zugelassen.
- Als Gleitmittel. Vorsicht: Paraffine können die Sicherheit von Latexprodukten (Kondome, Diaphragmen) zur Empfängnisverhütung beeinträchtigen.
Zu den Gegenanzeigen bei einer peroralen Verabreichung gehören:
- Überempfindlichkeit
- Akute abdominale Erkrankungen
- Darmverschluss
- Appendizitis
Aufgrund des Risikos für eine Lipidpneumonie sollten Paraffine nicht für Nasenöle verwendet werden. Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenEingenommene Paraffine können die Absorption lipophiler Wirkstoffe, fettlöslicher Vitamine und fettlöslicher Nährstoffe hemmen.
Unerwünschte WirkungenParaffine haben heute einen schlechten Ruf und werden immer wieder kritisiert. Gemäss einer ausführlichen Analyse des deutschen Bundesamts für Risikobewertung aus dem Jahr 2018 sind gesundheitliche Risiken bei der äusserlichen Therapie nach dem bisherigen Kenntnisstand aber nicht zu erwarten, auch nicht bei der Anwendung von Lippenpomaden. Dies gilt für Arzneimittel und Kosmetika, welche den europäischen Qualitätsanforderungen entsprechen. Auch andere Artikel kommen zu dieser Schlussfolgerung. Paraffine sind nicht krebserregend. Und offenbar entspricht es auch nicht der Wahrheit, dass sie Komedonen hervorrufen (z.B. Rawlings, Lombard, 2012).
Bei der Einnahme der Abführmittel können selten die folgenden Nebenwirkungen auftreten:
- Vitaminmangel (fettlösliche Vitamine), Flüssigkeits- und Salzverlust (lange, hochdosierte Behandlung)
- Lipidpneumonie durch versehentliche Aspiration
- Anale Exsudation
- Fremdkörperreaktionen im Darm, in den mesenterialen Lymphknoten, in der Leber und Milz
- Analer Juckreiz
Vaseline, Alkane, Erdöl, Kohlenwasserstoffe
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, UK)
- Bandla H.P., Davis S.H., Hopkins N.E. Lipoid pneumonia: a silent complication of mineral oil aspiration. Pediatrics, 1999, 103(2), E19 Pubmed
- Bundesamt für Risikobewertung (2018)
- Cottin V., Chalabreysse L., Cordier J.F. Exogenous lipid pneumonia. Respiration, 2008, 76(4), 442-3, 2006 Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Paraskevaides EC. Fatal lipid pneumonia and liquid paraffin. Br J Clin Pract, 1990, 44(11), 509-10 Pubmed
- Pharmacopoea Helvetica
- Rawlings A.V., Lombard K.J. A review on the extensive skin benefits of mineral oil. Int J Cosmet Sci, 2012, 34(6), 511-8 Pubmed
- Sharif F., Crushell E., O'Driscoll K., Bourke B. Liquid paraffin: a reappraisal of its role in the treatment of constipation. Arch Dis Child, 2001, 85(2), 121-4 Pubmed
- Shoda T. et al. Lack of carcinogenicity of medium-viscosity liquid paraffin given in the diet to F344 rats. Food Chem Toxicol, 1997, 35(12), 1181-90 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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