Medizinprodukte PharmaWikiWie die Arzneimittel sind auch die stofflichen Medizinprodukte für die Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten vorgesehen. Ihre Wirkungen beruhen allerdings nicht auf pharmakologischen, sondern in erster Linie auf physikalischen Effekten. Und sie unterscheiden sich deutlich in den gesetzlichen Vorgaben und regulatorischen Anforderungen.Abgrenzung
Dass Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte nicht ein und dasselbe sind, ist oft nur Fachleuten bekannt. Zwischen den Kategorien bestehen jedoch wichtige Unterschiede, welche beispielsweise die Gesetzgebung und die regulatorischen Anforderungen betreffen. Dieser Artikel bezieht sich in erster Linie auf die sogenannten stofflichen Medizinprodukte, die den Arzneimitteln ähneln.
Daneben gehören viele weitere Produkte zu den Medizinprodukten – beispielsweise Heftpflaster, Blasenpflaster, Kondome, Schwangerschaftstests und andere Selbsttests, Wärmeauflagen mit Eisenpulver, Cold-Hot-Packs, Blutdruckmessgeräte, Blutzuckermessgeräte, Blutzuckersensoren, Alkoholtupfer, Spritzen, Kanülen, Kontaktlinsenflüssigkeit, Defibrillatoren, Herzschrittmacher, Implantate, Software und MRT-Geräte.
Wichtige Produktekategorien im Gesundheitswesen, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Anwendungsgebiete und WirkungenÄhnlich wie die Arzneimittel werden Medizinprodukte zur Diagnose, Verhütung, Überwachung, Linderung und Behandlung von Krankheiten eingesetzt.
Sie üben ihre Hauptwirkung aber nicht durch einen pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Mechanismus aus, sondern durch einen physikalischen oder physikochemischen Effekt. Allerdings kann ihre Wirkweise durch einen pharmakologischen Beitrag unterstützt werden.
Physikalisch bedeutet in diesem Zusammenhang zum Beispiel eine Befeuchtung bei trockenen Augen oder bei einer Mundtrockenheit. Einem pharmakologischen Effekt liegt hingegen meistens eine Interaktion mit einem Drug Target, wie einem Rezeptor, einem Enzym oder einem Transporter, zugrunde.
BeispieleDie folgende Liste zeigt typische Beispiele von stofflichen Medizinprodukten:
- Kapseln zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht
- D-Mannose für die Vorbeugung und Behandlung einer Blasenentzündung
- Lutschtabletten und Sprays gegen Heiserkeit, Hustenreiz und Halskratzen
- Speichelersatzprodukte bei Mundtrockenheit
- Physikalische Mittel gegen Kopfläuse
- Cremen und Salben gegen Ekzeme
- Pastillen und Kapseln mit Simeticon gegen Blähungen
- Tränenersatzmittel gegen trockene Augen
- Gele für die Befeuchtung der Vaginalschleimhaut bei Scheidentrockenheit
- Stifte und Lösungen gegen Nagelpilz
Es muss beachtet werden, dass für diese Anwendungsgebiete auch registrierte Arzneimittel verfügbar sind.
InverkehrbringenAuch in Bezug auf die Markteinführung, das sogenannte Inverkehrbringen, unterscheiden sich die Medizinprodukte von den Arzneimitteln. Arzneimittel werden von einer staatlichen Arzneimittelbehörde zugelassen, in der Schweiz vom Heilmittelinstitut Swissmedic. Medizinprodukte müssen hingegen eine sogenannte Konformitätsbewertung erfüllen, welche von einer anerkannten privaten Konformitätsbewertungsstelle (sogenannte Benannte Stellen, Notified Bodies) durchgeführt wird.
Mit der Konformitätsbewertung wird festgestellt, ob die Anforderungen der gesetzlichen Verordnung an das Produkt erfüllt sind. Ist dies der Fall, kann das Produkt mit einer Konformitätskennzeichnung versehen werden, üblicherweise mit der CE-Kennzeichnung. Das Symbol „CE“ auf der Packung zeigt eindeutig auf, dass es sich um ein Medizinprodukt handelt.
Auch bei Medizinprodukten sind wissenschaftliche und teilweise auch klinische Untersuchungen erforderlich. Diese sind aber in der Regel weniger umfangreich als bei den Arzneimitteln.
ProduktinformationIm Unterschied zu den Nahrungsergänzungsmitteln enthält ein Medizinprodukt eine Produktinformation (Gebrauchsanweisung), mit welcher der Hersteller über den Zweck, die korrekte Verwendung, über Vorsichtsmassnahmen und Nebenwirkungen informiert. Dabei dürfen die konkreten Anwendungsgebiete genannt werden. Nahrungsergänzungsmittel dürfen hingegen nur mit gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims) beschrieben werden, zum Beispiel Eisensupplemente mit dem Satz „Eisen trägt zur normalen Bildung von roten Blutkörperchen und Hämoglobin bei“.
Werbung, Vertrieb und VergütungWerbung für Publikumsprodukte ist grundsätzlich erlaubt. Die Angaben müssen den Aussagen in der Produktinformation entsprechen. Publikumsprodukte dürfen nicht nur in Apotheken und Drogerien, sondern auch im Supermarkt in der Selbstbedienung angeboten werden. Dadurch erhöht sich die Verfügbarkeit, allerdings fehlt die Beratung durch Fachpersonen. Von den Krankenversicherungen werden stoffliche Medizinprodukte in der Regel nicht vergütet. Ausnahmen sind möglich, zum Beispiel beim Abschluss einer Zusatzversicherung.
siehe auchArzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Chemikalien, Abgabekategorien
Literatur- Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)
- EU-Verordnungen über die Medizinprodukte
- Gebrauchsanweisungen Medizinprodukte
- Medizinprodukteverordnung (MepV)
- Swissmedic
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.