Windeldermatitis


synonym: Windelentzündung, Windelsoor, Candidosis genito-glutealis infantum, Erythema mycoticum infantile, Dermatits ammoniacalis
SymptomeEntzündliche Reaktionen im Bereich der Windel:
- Gerötete, nasse, schuppige Erosionen
- Häufig glänzende Oberfläche
- Bläschen und Pusteln
- Juckreiz
- Schmerzende offene Hautstellen
Windeldermatitis mit Candida-Infektion:
- Scharf abgegrenzte, feuchtglänzende Hautrötungen in der Gesässfalte und im Genitalbereich
- Schuppensaum an den Übergangszonen zur gesunden Haut
- Streuung der stecknadelkopfgrosse Knötchen oder Pusteln im Randbereich (Satellitenpapeln)
Windeldermatitis mit einer bakteriellen Infektion:
- Nässende Hautrötungen
- Pusteln und Blasen
- Bei schwerem Verlauf: offene, blutende Hautstellen
Eine Windeldermatitis kann sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Auch kann sie nur die unmittelbare Umgebung der Genitalien befallen oder bis zum Unterbauch und den Oberschenkeln reichen.
Unter angemessener Behandlung heilt die Windeldermatitis innert wenigen Tagen ab. Bei schwerem Verlauf kommt es im Randbereich zu wie ausgestanzt wirkenden Ulzera (Jaquets dermatitis).
Ursachen1. Feuchtigkeit und Wärme: Aufweichung der Haut, Störung der Schutzfunktion der Haut
2. Urin und Faezes: warmes, feuchtes Milieu, hoher pH, fäkale Enzyme, toxische Substanzen
3. Reibung: mechanische Belastung
4. Mikroorganismen: meist Candida albicans, seltener Bakterien (v.a. Staphylococcus aureus)
- Begleiterkrankungen, z.B. Durchfall, Allergien, Abwehrschwäche, Mukoviszidose etc.
- Seltenes Windelwechseln, mangelnde Hygiene
Die Windeldermatits betrifft Säuglinge in den ersten Lebensmonaten. Die meisten Fälle von Windeldermatitis werden im Alter von neun bis zwölf Monaten beobachtet. Durch die heute verwendeten Wegwerfwindeln mit hoher Saugkraft hat die Häufigkeit der Windeldermatitis stark abgenommen. Trotzdem leiden 2/3 der Säuglinge mindestens einmal an einer Windeldermatitis und bei ca. 25% tritt diese Hauterkrankung sogar regelmässig auf.
Da die Schutzfunktion der Haut erst nach der Geburt vollständig ausreift, ist die Barrierenfunktion der Haut bei Erwachsenen viel besser ausgeprägt als bei Säuglingen. Trotzdem kann die Windeldermatitis auch inkontinente Erwachsene betreffen, es ist jedoch eine genaue differentialdiagnostische Abklärung erforderlich.
Bei Kindern, die bei der Geburt mit Candida-Pilzen besiedelt wurden, werden im Zusammenhang mit Windeldermatitis häufig sekundäre Candida-Infektionen beobachtet.
Komplikationen- Häufig: Rückfälle
- Superinfektionen durch Bakterien und Pilze
- Ausdehnung auf andere Körperbereiche
- Impetigo (bakterielle Hautinfektion, die vor allem das Gesicht und die Extremitäten betrifft)
- Säuglingsalter
- Wärmestau
- Feuchtes, okklusives Milieu → schlechte Windeln
Die Diagnose erfolgt anhand des klinischen Krankheitsbildes. Durch einen Abstrich kann zudem der Erreger einer mit Windeldermatitis verbundenen Superinfektion identifiziert werden.
DifferentialdiagnoseEkzeme unterschiedlicher Ursache:
- Intertrigo (kann auch als frühe Form der Windeldermatitis betrachtet werden)
- Atopische Dermatitis
- Seborrhoische Dermatitis
- Schuppenflechte (Psoriasis)
- Perianale streptogene Dermatitis
- Kontaktekzem
- Skabies
- Andere Infektionen, z.B. durch Herpes simplex oder Varizellen
- Mastozytose (Ansammlung von Mastzellen in der Haut)
- Genodermatosen (Hauterkrankungen, die unter Mitwirkung von Erbfaktoren entstehen)
- Kindesmisshandlung
- Wenn sich die Hautveränderungen nach einigen Tagen nicht gebessert oder sogar noch verschlimmert haben.
- Bei starken Blutungen der Haut.
- Wenn es häufig zu Rückfällen kommt. Das Kind sollte auf das Vorliegen von Grunderkrankungen, die das Immunsystem schwächen, untersucht werden.
- Beseitigung reizender, die Windeldermatitis begünstigender Faktoren wie Feuchtigkeit und Reibung.
- Windeln: Haut trocken halten, deshalb Windeln häufig wechseln oder keine Windel anlegen. Moderne, gut absorbierende Windeln verwenden.
- Tägliche Reinigung mit einer milden Seife
- Nach dem Waschen nur vorsichtig trocken tupfen, nicht reiben! Der Po kann auch mit dem Fön auf kleiner Stufe getrocknet werden.
Äusserlich:
Innerlich:
→ Clotrimazol, Econazol und Miconazol dürfen bei Kindern unter 2 Jahren nur auf ärztliche Verschreibung verwendet werden.
- Je nach Erreger der bakteriellen Sekundärinfektion
- Bei einer Staphylococcus aureus-Infektion: Fusidindsäure, orale Cephalosporine oder Beta-Lactamase-resistente Penicilline
Entzündungshemmer:
Milde topische Glucocorticoide:
- Barriere herstellen mit Zinksalben
- Chlorhexidin
- Clioquinol
- Eosin
Alternative Therapiemöglichkeiten:
- Stiefmütterchenextrakt
- Kamillenextrakt wirkt desinfizierend und entzündungshemmend
- Gerbstoffe; Umschläge/Bad z.B. mit Schwarztee: wirkt desinfizierend, gerbend, austrocknend
- Farbstoffe wie Gentianaviolett (Pyoktaninlösung): wirkt adstringierend, antimykotisch und antibakteriell. Achtung: nur 1x pro Tag andwenden, da eine zu häufige Anwendung zu Nekrose führen kann.
- Eichenrinden-Badezusatz: wirkt entzündungshemmend
- Dexpanthenol zur Regeneration der Haut
- Milde Hautwaschemulsionen: wirkt antibakteriell, antimykotisch und talgreduzierend (antiseborrhoisch)
Therapiehinweise:
- Stark abdichtende Salben oder bei Feuchtigkeit verklumpender Puder dürfen nicht angewendet werden, da sie die Symptome nur verschlimmern
- Bei Pilzinfektionen dürfen keine fettenden Salben verwendet werden
- Nach Möglichkeit werden zur Behandlung der Windeldermatitis äusserlich anwendbare Arzneimittel eingesetzt. Bei akuter Windeldermatitis sind hydrophile Pasten besonders gut geeignet, da sie in der Lage sind Feuchtigkeit, z.B. in Form von Entzündungssekreten, aufzunehmen. Eine systemische antimykotische Therapie ist jedoch bei schwerem Verlauf einer Windeldermatitis in Kombination mit Mundsoor oder bei Befall des Gastrointestinaltrakts angezeigt.
- Hartnäckige bakterielle Infektionen müssen allenfalls systemisch behandelt werden. Zudem sollten topische Antibiotika wegen der drohenden Resistenzentwicklung nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden.
- Verwendung von hochabsorbierenden, luftdurchlässigen Wegwerfwindeln
- Das Baby so oft wie möglich ohne Windeln herumkrabbeln lassen
- Windeln mindestens 6x pro Tag wechseln
- Bei voller Windel: Kind sofort wickeln, Stuhlreste entfernen, Po mit warmem Wasser und evt. einem milden Syndet (synthetisches Detergens, die hautschonender als Seife sind) waschen und anschliessend vorsichtig trocken tupfen. Da die Reinigung mit Wasser und Seife aber selbst eine Belastung für die Haut ist und zu Irritationen führt, sollte sie nur beim Windelwechsel nach einem Stuhlgang erfolgen. Ansonsten sollten crèmengetränkte Tücher, Zink- oder Mandelöl verwendet werden.
- Babys sollten möglichst schonend unter Verwendung von milden Seifen gewaschen werden, um die Schutzfunktion der Haut nicht zu beeinträchtigen
- Für die Prophylaxe einer Windeldermatitis eignen sich, die Haut vor Feuchtigkeit schützende, lipophile Pasten
- Zuckerarme Ernährung, die den pH-Wert des Stuhls und des Urins günstig beeinflusst. Zudem ist Zucker ein idealer Nährboden für Hefepilze.
- Vermeidung von scharfen und sauren Speisen, da diese den Stuhl aggressiver machen
- Durch Preiselbeersaft kann der pH-Wert des Urins gesenkt werden
- Verwendung von hypoallergener Säuglingsnahrung
- Behandlung von Vaginalmykosen bei schwangeren Frauen kurz vor der Geburt um eine Besiedlung des Neugeborenen mit Candida-Pilzen zu verhindern.
- Der aus dem Harnstoff entstehende Ammoniak greift die Haut an und steigert das irritierende Potential des Stuhls um ein Vielfaches. Nebenbei bewirkt er eine Erhöhung des pH-Werts und eine damit verbundene Aktivierung von fäkalen Enzymen wie zum Beispiel Proteasen und Lipasen, wodurch die Irritation und Entzündung zusätzlich verstärkt wird.
- Bei gestillten Kindern wurden deutlich weniger Fälle von Windeldermatitis registriert.
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