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Fingolimod Arzneimittelgruppen Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren

Fingolimod ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren zur Behandlung der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose. Es hemmt den Übertritt von Lymphozyten aus den Lymphknoten ins Blut und in das zentrale Nervensystem und wirkt so selektiv immunsuppressiv. Fingolimod reduziert die Häufigkeit der Schübe und das Fortschreiten der Erkrankung, kann sie jedoch nicht heilen. Im Gegensatz zu anderen MS-Medikamenten wird es täglich als Kapsel eingenommen und muss nicht gespritzt werden. Da Fingolimod Teile des Immunsystems hemmt, können als unerwünschte Wirkung Infektionskrankheiten auftreten.

synonym: Fingolimodum, Fingolimodhydrochlorid, Fingolimodi hydrochloridum, Fingolimod HCl, FTY720

Produkte und Zulassung

Fingolimod ist in Form von Kapseln im Handel (Gilenya®) und in der Schweiz seit dem Jahr 2011 zugelassen. Erste Generika wurden im Jahr 2020 registriert und kamen im Jahr 2021 in den Handel.

Fingolimod war das erste spezifische Medikament für die Behandlung der multiplen Sklerose, das oral verabreicht wird und nicht subkutan oder als Infusion gespritzt werden muss.

Im Jahr 2019 wurde in den USA der Nachfolgewirkstoff → Siponimod registriert (Mayzent®).

Struktur und Eigenschaften

Fingolimod (C19H34ClNO2, Mr = 343.9 g/mol) liegt im Arzneimittel als Fingolimodhydrochlorid vor, ein weisses Pulver, das in Wasser löslich ist. Es ist ein Prodrug und wird analog Sphingosin vor allem in der Leber von der Sphingosinkinase-2 (SphK-2) stereoselektiv zum aktiven Metaboliten (S)-Fingolimodphosphat phosphoryliert. Fingolimod ist ein strukturelles Analogon von Sphingosin respektive Sphingosin-1-phosphat. Es wurde von Myriocin abgeleitet, das im Schlauchpilz Isaria sinclairii gefunden wird.

Wirkungen

Fingolimod (ATC L04AA27 ) ist selektiv immunsuppressiv und zentral neuroprotektiv. Es reduzierte die Häufigkeit der Schübe in Studien um bis zu 52% und verminderte so das Fortschreiten der Behinderung um 30 %. Fingolimod senkt ferner die Herzfrequenz und die Leitungsgeschwindigkeit am AV-Knoten, vor allem zu Beginn der Behandlung.

Wirkmechanismus

Der aktive Metabolit (S)-Fingolimodphosphat ist ein Analogon von Sphingosin-1-phosphat (S1P), welches im Organismus als Mediator an zahlreichen biologischen Prozessen beteiligt ist. Unter anderem stellt S1P ein Signal zur Migration von Immunzellen dar. Fingolimodphosphat ist ein hochaffiner Agonist und ein funktioneller Antagonist an Sphingosin-1-phosphat-Rezeptoren auf Lymphozyten. Die Rezeptormodulation führt zu einer Downregulation der Rezeptoren an der Zelloberfläche und reduziert die Empfindlichkeit auf den endogenen Liganden. Es blockiert so den Austritt von Lymphozyten aus den Lymphknoten in den peripheren Blutkreislauf und reduziert die Anzahl der Lymphozyten im Blut auf 20-30 % des Ausgangswerts.

Dieser Prozess ist voll reversibel. Die Wirkungen basieren auf der Hemmung des Übertritts der Lymphozyten in das zentrale Nervensystem. Dies verhindert die Entzündung und Gewebeschädigung durch die autoaggressiven Immunzellen. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass Fingolimod über die Blut-Hirn-Schranke gelangt und direkt neuroprotektive Eigenschaften ausübt; weitere pleiotrope Effekte werden diskutiert (vgl. Literatur). Die vorübergehende Senkung der Herzfrequenz ist ebenfalls eine Folge der Interaktion von Fingolimodphosphat mit S1P-Rezeptoren.

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Indikationen

Für die Behandlung der schubförmig-remittierenden multiplen Sklerose (RRMS).

Dosierung

Gemäss der Fachinformation. Fingolimod kann aufgrund der langen Halbwertszeit von 6 bis 9 Tagen einmal täglich verabreicht werden. Die Einnahme ist von den Mahlzeiten unabhängig.

Kontraindikationen

Fingolimod ist bei Patienten bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei einer schweren Leberinsuffizienz oder Leberzirrhose, einer Hepatitis B, einem Makulaödem, bei Kindern und Jugendlichen sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.

Interaktionen

Fingolimod wird phosphoryliert (siehe oben), zu inaktiven Ceramidanalogen biotransformiert und von CYP4F2 metabolisiert. CYP2D6*1, 2E1, 3A4 und 4F12 sind in einem geringerem Ausmass beteiligt.

Pharmakokinetische Interaktionen:

Pharmakodynamische Interaktionen:

Unerwünschte Wirkungen

Da Fingolimod das Immunsystem unterdrückt, kann es das Risiko für Infektionskrankheiten erhöhen und als unerwünschte Wirkung zum Beispiel eine Grippe, eine akute Bronchitis, eine Nebenhöhlenentzündung, Herpesinfektionen, eine Magen-Darm-Grippe und Pilzinfektionen der Haut begünstigen.

Fingolimod senkt zu Beginn der Behandlung die Herzfrequenz und kann sehr selten zu einem AV-Block führen.

Zu den weiteren möglichen häufigen unerwünschten Wirkungen gehören unter anderem Kopfschmerzen, Schwindel, hoher Blutdruck, Schwäche, Durchfall, Husten, Atembeschwerden, Sehstörungen, Rückenschmerzen, Depressionen, erhöhte Leberenzyme, eine Lymphopenie, eine Leukopenie (Reduktion der weissen Blutkörperchen) und ein Makulaödem.

siehe auch

Multiple Sklerose, Siponimod

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt. Abbildungen: © PharmaWiki.

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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 12.8.2024 geändert.
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