Vision Autor Werben SPENDEN ♥ Newsletter Angebote Facebook

Kaliumiodid-Tabletten Arzneimittelgruppen Antidote

Kaliumiodid-Tabletten kommen nach einem schweren Kernkraftwerkunfall mit Austritt von radioaktiven Stoffen zum Einsatz. Sie verhindern, dass sich in der Schilddrüse radioaktives Iod anreichert und ein Schilddrüsenkrebs und andere Schilddrüsenerkrankungen entstehen. Auf Schilddrüsenkrebs sind vor allem Kinder empfindlich, nicht jedoch ältere Erwachsene. Kaliumiodid-Tabletten schützen nicht vor radioaktiver Strahlung. Der Entscheid zur Anwendung wird in der Schweiz von der Nationalen Alarmzentrale getroffen und über das Radio und Alertswiss bekannt gegeben. Es gibt bestimmte Risikogruppen, bei denen Iodtabletten nicht bedenkenlos angewandt werden können.

synonym: Kalii iodidum PhEur, Kalii iodidi compressi 65 mg PH, Iodtabletten, Jodtabletten

Produkte

In der Schweiz sind die Kaliumiodid-Tabletten 65 mg der Armeeapotheke zugelassen, entsprechend 50 mg Iod. Sie werden allen Personen in der Nähe eines Atomkraftwerks gratis zugestellt (Umkreis 50 km). Für die übrige Bevölkerung existieren dezentrale Lager, aus denen die Tabletten bei Bedarf schnell verteilt werden können.

Die Dosis von 50 mg Iod ist hoch, denn der tägliche Iodbedarf liegt im Mikrogrammbereich. Nahrungsergänzungsmittel mit Iod enthalten viel geringere Mengen Iod.

Im Jahr 2023 lancierte die Axapharm rezeptfrei erhältliche Kaliumiodid-Tabletten, ebenfalls zu 65 mg.

Struktur und Eigenschaften

Kaliumiodid-Tabletten 65 mg sind weisse bis fast weisse, in Viertel teilbare, nicht überzogene Tabletten ohne Flecken und Verfärbung (PH). Sie sollen vor Licht geschützt bei Raumtemperatur (15 - 25 °C) und ausser Reichweite von Kindern gelagert werden. Kaliumiodid (KI, Mr = 166.0 g/mol) liegt als farblose Kristalle oder weisses Pulver vor und ist in Wasser sehr leicht löslich.

Wirkungen

Kaliumiodid-Tabletten (ATC V03AB21 ) kommen nach einem schweren Kernkraftwerkunfall mit Austritt von radioaktiven Stoffen zum Einsatz. Sie können verhindern, dass sich in der Schilddrüse radioaktives Iod wie zum Beispiel Iod-131 anreichert und ein Schilddrüsenkrebs oder andere Schilddrüsenerkrankungen entstehen. Sie schützen hingegen nicht vor ionisierender Strahlung, vor der Strahlenkrankheit und es sind keine „Strahlenschutztabletten“. Bei einer Gefährdung muss ein Haus, ein Keller oder ein Schutzraum aufgesucht oder das Gebiet verlassen werden.

Die Schilddrüse ist ein auf Strahlung sehr empfindliches Organ und besonders Kinder und Heranwachsende sind nach einer Atomkatastrophe vom Krebs betroffen. Selbst hunderte Kilometer vom Reaktor entfernt können Krebsfälle auftreten. Junge Erwachsene haben hingegen ein geringes Risiko, das mit steigendem Alter noch weiter sinkt. Das Risiko für Erwachsene über 40 wird als äusserst gering angesehen, wenn die Belastung nicht sehr hoch ist. Radioaktives Iod wird beim Vorüberziehen einer radioaktiven Wolke hauptsächlich über die Atemwege inhaliert und sehr rasch in den Körper absorbiert.

Als mögliche Alternative zu Kaliumiodid-Tabletten können bei Kontraindikationen auch Thyreostatika wie Carbimazol, Thiamazol oder Propylthiouracil als Mittel der zweiten Wahl verwendet werden. Sie hemmen die Bildung der Iod-haltigen Schilddrüsenhormone. Natrium- oder Kaliumperchlorat hemmen wie Iodaufnahme. Statt Kaliumiodid könnte auch Kaliumiodat (KIO3) verwendet werden, das allerdings die Schleimhäute stärker reizt.

Falls keine Tabletten verfügbar sind, könnten Magistralrezepturen wie die Lugolsche Lösung oder Kaliumiodid-Kapseln in Apotheken hergestellt werden.

Radioaktivität, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki

Wirkmechanismus

Die Wirkungen beruhen auf einer kompetitiven Hemmung und Sättigung des Natrium-Iodid-Cotransporters durch das nicht radioaktive Iodid. Dieser Transporter ist für den Transport des Iodids in die Schilddrüse verantwortlich. Das Radioiod wird wie normales Iodid innert etwa 2 Tagen über die Nieren ausgeschieden. Iod-131 hat eine relativ kurze Halbwertszeit von etwa 8 Tagen.

Indikationen

Zur Vorbeugung der Inkorporation von radioaktiven Iodisotopen (Radioiod) bei Reaktorstörfällen.

Der Entscheid zur Anwendung wird von der Nationalen Alarmzentrale getroffen und über das Radio und Alertswiss bekannt gegeben. Ohne Anordnung des Bundes soll das Arzneimittel nicht eingenommen werden.

Dosierung

Gemäss der Packungsbeilage und nach Anweisung der Behörden. Am wirksamsten ist die Einnahme wenige Stunden vor oder gleichzeitig mit der Radioiodbelastung. Auch einige Stunden nach der Belastung ist eine Einnahme weiterhin sinnvoll.

Die Tabletten sollen mit viel Flüssigkeit und nicht auf nüchternen Magen eingenommen werden. Sie können auch in einem Getränk gelöst werden. Das Getränk muss sofort konsumiert werden. Aufgrund der langen Halbwertszeit reicht eine einmal tägliche Verabreichung aus.

Kontraindikationen

Es gibt bestimmte Personengruppen, Zustände und Erkrankungen, bei denen Iodtabletten nicht angewandt werden können oder Vorsichtsmassnahmen notwendig sind:

Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.

Interaktionen

Die Wirkungen von Thyreostatika werden durch Kaliumiodid abgeschwächt. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Lithium wird die Entstehung einer Struma und einer Hypothyreose begünstigt. Bei der Einnahme kaliumsparender Diuretika kann eine Hyperkaliämie auftreten.

Unerwünschte Wirkungen

Zu den möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Verdauungsbeschwerden, ein metallischer Geschmack, eine Bindehautentzündung, eine Schwellung der Speicheldrüsen, Kopfschmerzen, Husten, Bronchitis, Lungenödem, Herzklopfen und Ruhelosigkeit. Selten kommt es zu einer iodinduzierten Hyperthyreose oder Hypothyreose und zu Überempfindlichkeitsreaktionen. Das Risiko für unerwünschte Wirkungen nimmt mit steigendem Lebensalter zu.

siehe auch

Radioaktivität, Uran, Halbwertszeit, Thyreostatika, Iod, Strahlenkrankheit, Kaliumiodat

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.

Weitere Informationen

© PharmaWiki 2007-2024
Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 18.12.2023 geändert.
Impressum und Datenschutzerklärung
Produkte zu dieser Seite anzeigen