Capsaicincreme Arzneimittelgruppen Scharfstoffe CapsaicinoideDie Capsaicincreme zu 0.025 % oder 0.075 % ist eine halbfeste Zubereitung zur äusserlichen Anwendung mit dem Wirkstoff Capsaicin, einem natürlichen Inhaltsstoff aus Capsicum-Arten. Die Creme führt zunächst zu einem Brennen, Juckreiz und Schmerzen. Nach einer wiederholten Anwendung wirkt sie schmerz- und juckreizlindernd. Zu den Anwendungsgebieten gehören zum Beispiel Nervenschmerzen, die nach einer Gürtelrose oder bei einem Diabetes auftreten. Die Creme wird üblicherweise drei- bis viermal täglich dünn aufgetragen. Die Anwendungshinweise müssen unbedingt beachtet werden. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören lokale Hautreaktionen.
synonym: Capsaicin-Creme, Capsaicinsalbe
ProdukteDie Capsaicincreme zu 0.025 % oder 0.075 % (auch 0.1 %, 0.5 %) ist in der Schweiz im Unterschied zu anderen Ländern nicht als Fertigarzneimittel registriert. Sie wird als Magistralrezeptur in Apotheken hergestellt. Der Fachhandel kann sie auch bei spezialisierten Dienstleistern bestellen. Als Arzneimittel zugelassen sind hingegen Pflaster mit dem Wirkstoff (Qutenza®).
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Struktur und EigenschaftenCapsaicin (C18H27NO3, Mr = 305.4 g/mol) liegt als weisses, kristallines und geruchloses Pulver vor, das in Wasser praktisch unlöslich ist. Das lipophile Vanillylamid kommt in Capsicum-Arten wie dem Cayennepfeffer aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) vor.
HerstellungHerstellungsvorschriften für die Creme finden sich zum Beispiel im DMS und im NRF. Es werden verschiedene Grundlagen verwendet. Bei den Prozentangaben handelt es sich um Massenprozent (m/m).
Reines Capsaicin ist beim Verschlucken giftig, kann Hautreizungen, allergische Reaktionen, schwere Augenschäden sowie Atembeschwerden und Atemreizungen verursachen.
Bei der Herstellung sollen deshalb Schutzhandschuhe aus Nitril, eine Schutzmaske, eine Schutzbrille und Schutzkleidung getragen werden. Mit dem Pulver soll unter dem Abzug gearbeitet werden. Die vollständigen Angaben sind im Sicherheitsdatenblatt aufgelistet.
WirkungenCapsaicin (ATC N01BX04 ) hat anfänglich wärmende, durchblutungsfördernde, reizende, brennende, gefässerweiternde und juckreizfördernde Eigenschaften. Bei längerer Anwendung wirkt es hingegen schmerzstillend, antinozizeptiv und juckreizlindernd.
Das Drug Target von Capsaicin ist der TRPV1 (Transient Receptor Potential Vanilloid 1), ein nicht-selektiver Kationenkanal, der auch durch Wärme und Protonen aktiviert wird. In der Haut kommt TRPV1 in der Zellmembran sensorischer Nervenfasern vor.
Capsaicin ist ein Agonist an diesen Ionenkanal. Es aktiviert TRPV1-exprimierende Nozizeptoren und stimuliert die Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P. Dies führt zunächst zu den genannten unerwünschten Wirkungen.
Es folgt eine Refraktärperiode mit einer reduzierten Empfindlichkeit und nach wiederholten Anwendungen eine dauerhafte Desensibilisierung. Dies bewirkt eine Unempfindlichkeit der Nervenfasern gegenüber verschiedenen Reizen und führt zur Schmerzlinderung.
Freisetzung eines Wirkstoffs aus einer halbfesten Zubereitung, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
AnwendungsgebieteZu den Anwendungsgebieten gehören:
- Für die Behandlung von peripheren neuropathischen Schmerzen (Nervenschmerzen, Neuralgien) bei Erwachsenen. Dazu gehören die postherpetische Neuralgie und die diabetische Neuropathie.
- Für die symptomatische Behandlung von Schmerzen bei Muskel-, Gelenk- und Rückenschmerzen.
- Weitere Nervenerkrankungen (Neuropathien).
- Idiopathischer Juckreiz.
Gemäss der ärztlichen Anweisung. Eine kleine Menge der Creme wird drei- bis viermal täglich auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Sie wird leicht eingerieben, ohne dass Reste auf der Haut verbleiben. Das Dosierungsintervall soll mindestens 4 Stunden betragen.
Die Hände sollen unmittelbar nach der Verabreichung gewaschen werden. Oder es werden Nitrilhandschuhe oder andere Hilfsmittel für das Auftragen verwendet.
Lokale unerwünschte Wirkungen wie ein Brennen und Schmerzen können initial auftreten und sind normal. In der Nähe der Creme soll nicht eingeatmet werden, weil Capsaicin die Atemwege reizt.
Die Creme soll nicht auf verletzter, gereizter oder erkrankter Haut verwendet werden. Nicht mit den Augen oder den Schleimhäuten in Kontakt bringen. Nicht unter Okklusion verwenden.
Vor oder nach der Verabreichung soll nicht heiss gebadet oder geduscht werden, weil dies die unerwünschten Wirkungen verstärkt.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Anwendung auf verletzter, gereizter oder erkrankter Haut
- Kontakt mit den Augen, den Atemwegen oder der Schleimhaut
- Schwangerschaft, Stillzeit
- Säuglinge, Kinder
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Fachinformation.
InteraktionenWechselwirkungen sind mit anderen topisch verabreichten Arzneimitteln möglich, welche die Haut reizen.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören lokale Reaktionen wie ein Brennen, Schmerzen, Hautrötungen und Juckreiz. Diese Beschwerden lassen in der Regel nach einigen Tagen nach. Capsaicin kann zu einer vorübergehenden Erhöhung des Blutdrucks führen und die Atemwege reizen.
Checkliste für die Beratung von Patientinnen und PatientenDownload: Checkliste_Capsaicincreme.pdf
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, UK, USA)
- Barceloux D.G. Pepper and capsaicin (Capsicum and Piper species). Dis Mon, 2009, 55(6), 380-90 Pubmed
- Conway S.J. TRPing the switch on pain: an introduction to the chemistry and biology of capsaicin and TRPV1. Chem Soc Rev, 2008, 37(8), 1530-45 Pubmed
- Crawford P., Xu Y. Topical Capsaicin for Treatment of Chronic Neuropathic Pain in Adults. Am Fam Physician, 2017, 96(11) Pubmed
- Derry S., Lloyd R., Moore R.A., McQuay H.J. Topical capsaicin for chronic neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev, 2009, (4), CD007393 Pubmed
- Dermatologische Magistralrezepturen der Schweiz (DMS)
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Ilie M.A. et al. Capsaicin: Physicochemical properties, cutaneous reactions and potential applications in painful and inflammatory conditions. Exp Ther Med, 2019, 18(2), 916-925 Pubmed
- Mason et al. Systematic review of topical capsaicin for the treatment of chronic pain. BMJ, 2004, 328(7446), 991 Pubmed
- Sicherheitsdatenblatt
- Szolcsányi J. Forty years in capsaicin research for sensory pharmacology and physiology. Neuropeptides, 2004, 38(6), 377-84 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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