Gamingsucht IndikationenSeit den Anfängen in den 1970er- und 80-Jahren haben sich Computergames beeindruckend entwickelt und stehen heute auf jedem Smartphone und Computer unmittelbar zur Verfügung. Die Gamingindustrie macht mit ihren Millionen von Nutzern jedes Jahr einen Milliardenumsatz. Ein Teil der Gamer wird süchtig und hat mit negativen Folgen zu kämpfen, welche der Gesundheit, der schulischen Leistung, der Arbeit und Beziehungen schaden.
synonym: Videospielsucht, Computerspielsucht
SymptomeZu den möglichen negativen Folgen und Charakteristika einer Gamingsucht gehören:
- Entzugssymptome wie Reizbarkeit, Nervosität, Aggression, Konzentrationsstörungen, Angst und Suizidgedanken
- Schlafentzug, Schlafstörungen
- Sehnenscheidenentzündung (Sehnenerkrankungen), Muskel- und Gelenkschmerzen, Karpaltunnelsyndrom, Empfindungsstörungen
- Epilepsie, Krampfanfälle
- Augenbeschwerden
- Psychische und psychiatrische Störungen
- Fehlernährung, Gewichtsverlust
- Obsessive Beschäftigung mit dem Gaming (selbst offline), hoher Zeitaufwand, Spielen als Lebensmittelpunkt
- Vernachlässigung der Arbeit, der Schule, anderer Hobbys, der Körperhygiene und der Kontakte
- Sozialer Rückzug, Einsamkeit
- Familiäre und soziale Konflikte, Auflösung von Beziehungen, Scheidungen
- Unfähigkeit, mit dem Spielen aufzuhören
- Toleranz, d.h. es wird eine höhere „Dosis“ benötigt
- Lügen und betrügen, um spielen zu können
Betroffen sind vor allem männliche Jugendliche, aber auch Mädchen, kleinere Kinder und Erwachsene. In seltenen Fällen wurde sogar über Todesfälle im Zusammenhang mit der Gamingsucht berichtet.
Gaming macht rasch abhängig und nimmt zwangsläufig sehr viel Zeit in Anspruch. Nicht jeder, der gerne in seiner Freizeit am Computer, Smartphone oder mit der Konsole spielt, ist süchtig. Es gibt ein Kontinuum, das von einem leichten Problem bis zur Sucht reicht. Gaming wird auch als E-Sport betrieben.
UrsachenComputerspiele gibt es seit den 1950er-Jahren. In den 1970er- und 80er-Jahren entstanden die modernen Klassiker wie Pong, Space Invaders, Pac-Man, Tetris und Mario Bros. In den vergangenen 40 Jahren hat eine beeindruckende Entwicklung stattgefunden und heute werden mit Games jährlich Milliarden umgesetzt.
Warum machen Games süchtig? Was macht sie so attraktiv?
- Gaming bedeutet immer auch eine Flucht aus der (schwierigen, langweiligen, komplizierten, stressigen) Realität in eine attraktive, bunte, faszinierende, magische und geheimnisvolle Fantasiewelt. Heute sind Games fotorealistisch und mit Virtual-Reality-Technologien ist sogar das fast komplette Ausblenden des Alltags möglich. Die Flucht aus der Wirklichkeit gelingt aber bereits, wenn nur zweidimensionale Klötzchen auf einem Bildschirm bewegt werden. Zum Eskapismus gehört auch, dass in den Games eine neue Identität angenommen werden kann („Rollenspiele“, Avatare).
Bewegungsabläufe:
- Das Gehirn ist darauf angelegt, komplexe Bewegungsabläufe zu erlernen und bei Bedarf automatisch auszuführen. Wir glauben, dass die wiederholte Durchführung dieser Abläufe das Gehirn zufrieden stellt und dies zur Popularität der Games beiträgt.
Lernfortschritte und Erfolge:
- Freude bereiten beim Gaming auch die Lernfortschritte und die wiederholten Erfolge, welche das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren. Obwohl es natürlich auch frustrierend sein kann, wenn man nicht „weiterkommt“.
Soziale Kontakte:
- Mit der Vernetzung der Computer über das Internet ist es möglich geworden, mit und gegen andere Gleichgesinnte aus der ganzen Welt zu spielen. Die sozialen Kontakte, die Teambildung und das gemeinsame Erlebnis haben einen Anteil am Suchtpotenzial. Zusätzlich kann durch Freunde und Kollegen ein sozialer Druck aufgebaut werden.
Vorhersehbarkeit:
- Im Unterschied zur komplizierten realen und sozialen Welt ist die Gamingwelt berechenbar. Gleiche Aktionen am Controller führen zu denselben oder ähnlichen Resultaten im Spiel.
Die Diagnose wird in ärztlicher Behandlung anhand der Anamnese und mit speziell für diesen Zweck entwickelten Fragebogen gestellt.
VorbeugungFür die Vorbeugung der Entwicklung einer Gamingsucht im Kindes- und Jugendalter ist es wichtig, dass die Eltern den Spielkonsum ihrer Kinder kontrollieren und einschränken. Es sollte keinen unregulierten Zugang geben.
Pro Woche können Zeiträume definiert werden, in welchen gespielt werden darf. Diese sollen strikte eingehalten werden.
Spiele mit einem hohen Suchtpotenzial sollen nach Möglichkeit von Anfang an gemieden werden. Auf die Anschaffung von Spielkonsolen soll nach Möglichkeit verzichtet werden. Andere Hobbys sollen gefördert werden.
Behandlung- Einschränkung der Spieldauer
- Entzug
- Psychiatrische oder psychologische Betreuung, professionelles Coaching
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Förderung anderer Interesse
- Medikamentöse Therapie, zum Beispiel mit Antidepressiva
- Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM)
- Young K. Understanding online gaming addiction and treatment issues for adolescens. The American Journal of Family Therapy, 2009, 37, 355-372
- Kuss D.J. Internet gaming addiction: current perspectives. Psychol Res Behav Manag, 2013, 6, 125-37 Pubmed
- Zajac K., Ginley M.K., Chang R., Petry N.M. Treatments for Internet gaming disorder and Internet addiction: A systematic review. Psychol Addict Behav, 2017, 31(8), 979-994 Pubmed
- Weitere Fachliteratur
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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