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Zwanghafte Persönlichkeitsstörung (OCPD) Indikationen Persönlichkeitsstörungen Cluster C

Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung zeigen einen starken Perfektionismus, der allerdings oft zu einer Ineffektivität führt. Sie sind stur und beharren strikt auf ihren starren Regeln und Vorstellungen. Die Betroffenen zeigen ein hohes Mass an Detailverliebtheit, sind sehr ordentlich, sauber und hygienisch. Sie sind pflichtbewusst und pedantisch, aber auch von Unsicherheit und Entscheidungsschwierigkeiten geplagt. Typischerweise sind sie sehr fleissig und arbeiten geschäftlich oder zu Hause zu viel. Zugrunde liegt eine Angst vor Fehlern und einer Bestrafung, die in der Kinder- und Jugendzeit angelegt wurde. Die OCPD ist für die Betroffenen und ihr Umfeld belastend und kann Krankheiten verursachen. Auch weil ihnen die Einsicht fehlt, führt die Persönlichkeitsstörung fast unvermeidlich zu Problemen mit anderen Menschen in Beziehungen, im Privatleben und am Arbeitsplatz.

synonym: Obsessive-compulsive personality disorder, OCPD, Anankastische Persönlichkeitsstörung

Zwanghafte Persönlichkeitsstörung

Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung (Englisch: Obsessive-compulsive personality disorder, Abkürzung: OCPD) ist eine von mehreren bekannten Persönlichkeitsstörungen. Sie soll nicht mit der Zwangsstörung verwechselt werden.

Die Betroffenen zeigen einen starken Perfektionismus, der allerdings zu einer Ineffizienz führt, weil immer alles wieder überarbeitet, repetiert und verbessert werden muss. Das Perfektsein ist zeit- und kostenintensiv.

Übersicht über die zwanghafte Persönlichkeitsstörung, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki

Typisch ist ein hohes Mass an Ordnung, zum Beispiel im Haus oder in der Wohnung, die vorbildlich sauber und aufgeräumt sind. Jedes Ding hat seinen Platz und darf nicht verschoben werden. Allgemein zeigt sich eine hohe Detailverliebtheit. Allerdings auch für Details, die andere Menschen als unwichtig erachten würden.

Auf Hygiene und den Schutz vor Krankheiten wird durch häufiges Händewaschen und Desinfizieren stark geachtet. Das Aussehen, die Frisur und die Kleidung müssen immer einwandfrei und vorbildlich sein.

Menschen mit einer OCPD zeigen eine Starrheit des Denkens, die fachsprachlich als Rigidität oder auch als Starrsinn bezeichnet wird. Das bedeutet, dass sie stur auf ihren Vorstellungen und Lebenseinstellungen beharren und im Geist unbeweglich sind. Es besteht also ein Mangel an Flexibilität und Offenheit. Alles muss gemäss ihren Regeln nach einem definierten Schema ausgeführt werden (Ritualisierung). Einige arbeiten dafür auch mit Listen und Plänen. Es existiert ein umfangreiches inneres Regelwerk, welches das Leben beherrscht. Wird ihm nicht entsprochen, resultiert ein hohes Mass an Unzufriedenheit.

Die Betroffenen haben das unverrückbare Gefühl, im Recht zu sein, auch wenn es dafür keine Beweise gibt oder die Logik dagegen spricht. Kritik an ihren Regeln und Vorstellungen wird schlecht vertragen.

Aus den genannten Gründen sind die Betroffenen auch sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, Arbeiten zu delegieren oder mit anderen zusammenzuarbeiten. Denn für sie gibt es nur einen richtigen Weg, sie korrekt auszuführen.

Menschen mit einer OCPD haben ein ausgesprochenes Pflichtbewusstsein und sind pedantisch, also in übertriebener Weise genau. Das bedeutet, dass sie nie einen Termin verpassen, Formulare immer korrekt ausfüllen, jede Anfrage beantworten und immer zurückrufen.

Sie sind fleissig, sie arbeiten sehr viel, erscheinen früh zur Arbeit, gehen spät, arbeiten abends und in den Ferien und machen Überstunden. Allerdings zeichnen sie sich wie bereits erwähnt durch eine Ineffektivität aus, d.h. sie benötigen aufgrund ihres Perfektionismus und der Pedanterie zu viel Zeit und Ressourcen, um die Ziele zu erreichen. Der Fleiss geht auf Kosten der Freizeit und der Pflege von Beziehungen.

Die Persönlichkeitsstörung zeichnet sich zusätzlich durch Gefühle des Zweifels und Probleme mit Entscheidungen aus. Wurde alles richtig gemacht? Habe ich mich richtig verhalten? Menschen mit einer OCPD haben eine riesige Angst davor, Fehler zu begehen. Wenn sie selbst oder Menschen im Umfeld Fehler machen, können sie sehr ungehalten, enttäuscht bis aggressiv reagieren.

Entscheidend ist, dass bei dieser Störung ein Zwang vorliegt, dem sich nicht widersetzt werden kann und der Schwierigkeiten und Probleme verursacht.

Die Persönlichkeitsstörung hat nicht nur Schattenseiten. Die Betroffenen sind sehr zuverlässig, arbeiten perfekt, sind ordentlich, achten auf Details und pflegen ein hohes Mass an Hygiene und Sauberkeit. Oberflächlich scheint es sich um eine vorbildliche Lebensführung zu handeln, aber im Hintergrund entstehen rasch Schwierigkeiten.

Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung resultiert fast unweigerlich in Problemen am Arbeitsplatz, im Privatleben und in Beziehungen. Die Betroffenen sind kaum kompromissbreit (sie kennen als einzige die richtige Vorgehensweise), sie möchten andere kontrollieren und korrigieren und ihre Vorgehensweise und ihre Regeln auf ihr Umfeld ausweiten. Dies kann bei Arbeitskolleginnen und -kollegen und bei Partnerinnen und Partnern zu einem hohen Mass an Frustration, Ärger, Wut, Traurigkeit und Resignation führen und Beziehungen zerstören.

Die Betroffenen haben starke moralische Prinzipien und wenden diese auf ihre Umgebung an. Sie sind sehr kritisch gegenüber ihren Mitmenschen, welche nicht ihren eigenen Ansprüchen genügen. Sie sehen die Probleme nicht bei sich selbst, sondern in ihrem Umfeld und bei anderen Menschen.

OCPD-Teufelskreis: Die OCPD wird durch die Erziehung zwischen den Generationen weitergegeben. Der Treiber ist die Angst vor Fehlern und Strafen. Zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki

Worin liegen die Ursachen für die Störung? Häufig gab es in der Kindheit und während des Erwachsenwerdens Erfahrungen mit Menschen, die ebenfalls an der OCPD litten, also beispielsweise mit den Eltern oder mit Vorgesetzten. Die Betroffenen sahen sich mit Strafen und einer strengen Erziehung konfrontiert. Die OCPD kommt deshalb gehäuft in Familien vor, weil sie von einer Generation auf die nächste weitergeben wird (OCPD-Teufelskreis, Abbildung). Eine vererbbare Komponente wird zusätzlich vermutet. Die Betroffenen haben im Allgemeinen Angst davor, von der Gesellschaft schlecht bewertet zu werden. Angst ist der zentrale Faktor bei der Entstehung.

In der Erziehung ihrer Kinder sind OCPD-Eltern perfektionistisch, überkontrollierend, arbeiten mit einer starren Regelstruktur und sind streng. Als sogenannte „Helikopter-Eltern“ überwachen sie die Kinder ständig. Aufgrund ihrer Strenge zeigen sie oft eine geringere Affektivität.

Kinder stellen für OCPD-Eltern eine besondere Herausforderung dar, weil sie sich von Natur aus nicht gemäss den gewünschten Regeln verhalten. Kinder sind auch einmal wild, unkontrolliert, unordentlich und sie widersetzen sich.

Eine OCPD kann dekompensieren und zu psychiatrischen Krankheiten wie beispielsweise Wutanfällen, Aggressionen, Depressionen und einem Burnout führen. Auch körperliche Beschwerden wie Handekzeme und Sehenscheidenentzündungen können aufgrund der Ordnungsliebe und des häufigen Saubermachens auftreten.

Problematisch an der Störung ist auch, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Persönlichkeit oft nicht einsehen, dass ein Problem besteht und sie sich deshalb nicht in psychologische oder psychiatrische Behandlung begeben. Zudem ist die Störung in der Bevölkerung praktisch unbekannt. Die Patientinnen und Patienten sind durch die Fachpersonen deshalb oft nur begrenzt erreichbar. Eine Veränderung der Persönlichkeit ist schwierig zu erreichen. Für die Behandlung werden unter anderem eine Psychotherapie, eine kognitive Verhaltenstherapie und Psychopharmaka wie die SSRI und Beruhigungsmittel empfohlen.

Für die Diagnostik verweisen wird auf die aktuelle Version des DSM (Diagnostic and statistical manual of mental disorders).

Link: PharmaWiki-Selbsttest Zwanghafte Persönlichkeitsstörung 

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.


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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 25.3.2024 geändert.
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