Morbus Crohn

synonym: Enteritis regionalis, Ileitis regionalis, Ileitis terminalis, Enterocolitis regionalis, Sklerosierende chronische Enteritis
SymptomeMorbus Crohn äussert sich in Entzündungen, die vor allem im unteren Abschnitt des Dünndarms und im Dickdarm auftreten. Der typische Verlauf ist chronisch wiederkehrend, d.h. Ruhephasen werden durch Krankheitsschübe unterbrochen. Häufige Symptome sind:
- Bauchschmerzen (eher auf der rechten Seite)
- Übelkeit, Erbrechen
- Durchfall, Verstopfung
- Blähungen
- Fieber
- Gewichtsverlust
- Malabsorption
- Fisteln
- z.T. lebensbedrohliche gastrointestinale Blutungen
Bei Kindern herrschen systemische und extraintestinale Symptome vor. Die Stuhlkonsistenz und -frequenz reflektieren die Lokalisation und das Ausmass der Krankheit. Die Symptome des Morbus Crohn können mit dem Crohn's Disease Activity Index (CDAI ) quantitativ bewertet werden, um so die Aktivität der Krankheit zu bestimmen. Morbus Crohn kann auch in verschiedene Schweregrade und Kategorien eingeteilt werden.
Obwohl die eigentliche Ursache weiterhin unklar bleibt, wird davon ausgegangen, dass die Krankheit durch verschiedenste Faktoren ausgelöst wird. Hier stehen verschiedenste Umweltfaktoren als mögliche Trigger und eine genetische Prädisposition im Vordergrund.
- Rauchen
- Hoher häuslicher Hygienezustand in der Kindheit
- Einnahme von Antibiotika oder oraler Kontrazeptiva
- Dauer des Stillens
Bei den genetische Faktoren konnten komplexe multigene Veranlagungen aus Single-Nukleotid- und Genkopien-Polymorphismen nachgewiesen werden. Normalerweise sind diese Gene für die angeborene Immunität wichtig und für den Abbau von zelleigenen Strukturen und Bakterien verantwortlich. Durch Mutationen werden die sekretproduzierenden Zellen in ihrer Funktion gestört und damit die Schleimhaut-Barriere des Darmes geschädigt. Dies erleichtert krankheitserregenden Mikroorganismen das Eindringen und Einnisten in den Schleim und die Schleimhaut. Es kommt zu Entzündungen und sichtbaren Gewebeschädigungen.
Ein erhöhtes Risiko besteht wenn Verwandte bereits an Morbus Crohn erkrankt sind. Das Risiko steigt ebenfalls mit der Anzahl von Single-Nukleotid-Polymorphismen (SNP) im intrazellulären NOD2-Rezeptor.
KomplikationenZu den typischen Komplikationen gehören die Ausbildung von unterschiedlichsten Fisteln, Abszessen und Darmverengungen. Häufig werden auch extraintestinale Manifestationen der Krankheit mit charakteristischer Augen-, Haut- und Gelenkbeteiligung beobachtet. Daneben finden sich nicht selten auch laborchemische Auffälligkeiten wie eine Eisenmangelanämie oder ein Vitamin-B12-Mangel.
Komplexe Krankheitsverläufe zeichnen sich aber auch durch fehlendes Ansprechen auf Arzneimittel und durch wiederholt notwendige operative Interventionen aus. Ausgedehnte Darmresektionen können dabei zum Kurzdarmsyndrom mit Mangelernährung führen.
Ist das Kolon befallen und der langjährige Verlauf durch anhaltende entzündliche Aktivität gekennzeichnet, steigt das Risiko Darmkrebs zu entwickeln.
DiagnoseDie Diagnose erfolgt in ärztlicher Behandlung und wird häufig durch die Kombination von biochemischen, endoskopischen, radiologischen und histologischen Befunden gestellt. Dabei nimmt die Darmspiegelung eine wichtige Rolle ein. In Abhängigkeit zum Darmbefall, ist die Differentialdiagnose zu anderen Krankheitsbildern breitgefächert und umfasst akute oder chronische Infektionen, Ischämien und bösartige Tumoren. Bei Kindern kann ein M. Crohn wegen seiner systemischen und extraintestinalen Symptome mit Esstörungen oder endokrinen Störungen verwechselt werden.
Medikamentöse BehandlungDas Hauptziel der Therapie ist die Einleitung und Aufrechterhaltung des symptomfreien Zustandes, Aufhebung von Ernährungsmängeln und die Wiederherstellung der Produktion von reifen Zellen. Die medikamentöse Behandlung beruht auf einer Immunsuppression und -modulation durch die Unterdrückung der Granulozyten- und Makrophagenaktivität, der lymphozytären Toxizität und somit der adaptiven Immunabwehr. Es gibt zwei Therapie-Prinzipien:
1. Step-up Therapie:
- Lokal wirksame oder systemische Glucocorticoide sind das Mittel der Wahl. Obwohl sie häufig keine Abheilung der Darmschleimhaut bewirken, sind sie wirksam zur klinischen Remissionsinduktion, aber nicht zur Remissionserhaltung. Beim Versagen dieser Therapie oder bei der Entwicklung einer Abhängigkeit, kommen zunächst Immunsuppressiva (i.d.R. Azathioprin) zum Einsatz. TNF-alpha-Inhibitoren sind für schwere Schübe als Drittlinientherapie vorbehalten.
2. Top-down Prinzip:
- Hier werden früh TNF-alpha-Inhibitoren eingesetzt mit der Idee, dass sich dadurch eine verbesserte Wirksamkeit, tiefere Dosierfrequenz und eine tiefere kumulative Dosis der Steroidtherapie erreichen lässt. Der Stellenwert dieses Vorgehen ist heutzutage noch unklar.
In der medikamentöse Therapie des M. Crohn verschiedene Arzneimittelgruppen eingesetzt:
Aminosalicylate werden oral oder rektal verabreicht und sind lokal im Darm entzündungshemmend und antimikrobiell:
- Mesalazin (z.B. Asacol®, Mezavant®, Pentasa®, Salofalk®)
- Olsalazin (Dipentum®, ausser Handel)
- Sulfasalazin (Salazopyrin®)
Antibiotika werden oral verabreicht und sind antibakteriell und entzündungshemmend:
- Metronidazol (diverse Hersteller)
- Ciprofloxacin (Ciproxin®, Generika)
Immunsuppressiva werden oral oder parenteral eingesetzt und unterdrücken das Immunsystem:
- Azathioprin (Imurek®, Generika)
- Mercaptopurin (Purinethol®)
- Methotrexat (diverse Hersteller)
Glucocorticoide immunsuppressiv und entzündungshemmend. Sie werden oral, lokal oder parenteral verabreicht. Sie wirken systemisch oder als Einläufe lokal:
- Prednisolon (Spiricort®, Generika)
- Budesonid (Budenofalk®, Entocort®)
TNF-alpha-Inhibitoren (Monoklonale Antikörper) sind als Mittel der zweiten oder dritten Wahl zur Behandlung zugelassen, wenn konventionelle Therapien nicht ansprechen. Sie müssen parenteral verabreicht werden:
- Infliximab (Remicade®)
- Adalimumab (Humira®)
- Certolizumab (Cimzia®)
- Vedolizumab (Entyvio®)
Eine enterale Diät kann die entzündliche Aktivität beim M. Crohn verändern. Möglicherweise lässt sich durch Fischöl mit Omega-3-Fettsäuren die medikamentöse Therapie bei Erwachsenen unterstützen. Bis heute fehlen dazu aber überzeugende Daten. Die Elementardiät zur Therapie eines aktiven Schubs besitzt heutzutage nur bei Kinden einen klinischen Stellenwert. Bei Mangelzuständen werden Vitamine und Mineralstoffe verabreicht.
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Peer-Review: Prof. Lukas Degen Leitender Arzt, Abteilung für Gastroenterologie & Hepatologie, Universitätsspital Basel
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