Atropin


synonym: Atropinum PhEur, Atropini sulfas PhEur, Atropinsulfat
ProdukteAtropin ist in Form von Augentropfen, Tropfen und als Injektionslösung im Handel. Es ist in der Schweiz seit dem Jahr 1987 zugelassen. Heilpflanzen mit Atropin werden schon wesentlich länger medizinisch genutzt.
Struktur und EigenschaftenAtropin (C17H23NO3, Mr = 289.4 g/mol) ist ein tertiäres Amin und gehört zur Gruppe der Tropanalkaloide. Es ist ein Racemat bestehend aus D- und L-Hyoscyamin. Atropin ist ein weisses bis fast weisses, kristallines Pulver oder bildet farblose Kristalle, welche geruchlos sind. Es ist nur sehr schwer löslich in Wasser. Atropinsulfat, das in den meisten Arzneimitteln enthalten ist, löst sich hingegen sehr leicht in Wasser.
Atropin kommt in verschiedenen Pflanzen der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) vor, z.B. in der Tollkirsche, im Stechapfel und im Bilsenkraut.
WirkungenAtropin (ATC A03BA01 , ATC S01FA01
) ist parasympatholytisch (anticholinerg). Es bewirkt durch kompetitive Hemmung der Acetylcholinrezeptor-Bindungsstellen an den muskarinergen Rezeptoren eine Pupillenerweiterung, Ausschaltung der Akkomodationsfähigkeit und eine schwache Gefässverengung.
Durch die Parasympathikushemmung nehmen die Tränen-, Speichel-, Schweiss-, Bronchial- und Magensäuresekretion ab. In höheren Dosen werden auch die nikotinergen Wirkungen von Acetylcholin an den Ganglien sowie an der motorischen Endplatte gehemmt. Atropin kann ins Gehirn gelangen und dort zentralnervöse Effekte hervorrufen.
Wirkmechanismus der Parasympatholytika am Muskarin-Rezeptor, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Indikationen- Zur Verhütung und Sprengung von Verklebungen/Verwachsungen bei akuter und chronischer Entzündung der Iris.
- Bei einer Hornhautentzündung des Auges mit iritischer Reizung.
- Zur Ausschaltung der Akkommodation bei der objektiven Sehschärfenbestimmung.
- Zur Behandlung schielender Kinder.
- Zur Prämedikation vor einer Narkose.
- Bei Herzrhythmusstörungen mit langsamem Herzschlag.
- Bei Intoxikationen mit Organophosphaten und Carbamaten.
- Anticholinerge Therapie, z.B. bei vermehrtem Speichelfluss, übermässigem Schwitzen, Krämpfen des Dickdarmes.
- Überempfindlichkeit
- Glaukom
- Herzrasen
- Herzrhythmusstörungen
- Verkalkung der Herzkranzgefässe
- Prostatavergrösserung mit Restharnbildung
- Megakolon
- Verstopfung infolge Erschlaffung des Darmes
- Alleinbehandlung von Myasthenia gravis
Am Tag der Anwendung bzw. bis ein paar Tage danach darf aufgrund der fehlenden Akkommodationsfähigkeit des Auges bei okulärer Anwendung nicht Auto gefahren werden. Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenDie Wirkung von Atropin kann durch die gleichzeitige Verabreichung von anderen atropinähnlichen Substanzen, trizyklischen Antidepressiva, zahlreicher H1-Antihistaminika, anticholinerger Antiparkinsonmittel, Phenothiazine und Neuroleptika verstärkt werden. Die Wirkung kann durch gleichzeitige Gabe von Parasympathomimetika vermindert werden.
Unerwünschte WirkungenUnter der Anwendung von Atropin kann es zu Reizbarkeit, geistiger Verwirrung, Herzrasen, evtl. Herzrhythmusstörungen, Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden, Schnellatmung, Hemmung der Schweisssekretion, Verstopfung, Gesichtsrötung, Dermatitis, Ödeme, anaphylaktischen Reaktionen, Verlust der neuromuskulären Koordination, Blasenentleerungsstörungen, Temperaturanstieg, Zunahme des Augeninnendrucks, verlängerte Erweiterung der Pupillen, Lichtscheu und Delirium kommen.
siehe auchLiteratur- Aehle E., Dräger B. Tropane alkaloid analysis by chromatographic and electrophoretic techniques: an update. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci, 2010, 878(17-18), 1391-406 Pubmed
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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